Erste gemeinsame Jahrestagung: Expert:innen für land- und meeresbasierte CO2-Entnahmemethoden diskutieren neue Forschungsergebnisse in Hannover

Die Erwartungen sind hoch: Die Politik will wissen, welche CDR-Methoden sich nachhaltig im großen Stil einsetzen lassen  

Hannover wird in dieser Woche zum Zentrum der deutschlandweiten Debatte über die Machbarkeit, Potenziale und Risiken von Methoden zur Kohlendioxid-Entnahme aus der Atmosphäre (englisch: Carbon Dioxide Removal, CDR). Von Dienstag bis Freitag treffen sich die Mitglieder der beiden großen deutschen Forschungsprogramme CDRterra und CDRmare in Niedersachsens Landeshauptstadt, um erstmals gemeinsam aktuelle Ergebnisse ihrer laufenden wissenschaftlichen Arbeiten vorzustellen und diese zu diskutierten.

CDRterra vereint zehn Forschungsverbünde zu landbasierten CO2-Entnahmemethoden, während in CDRmare sechs Verbundprojekte zu meeresbasierten CO2-Entnahmeverfahren und zur CO2-Speicherung tief unter dem Meer forschen. Beide Forschungsprogramme werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. An CDRmare sind über die Deutsche Allianz Meeresforschung außerdem die norddeutschen Bundesländer beteiligt.

Zu dem gemeinsamen Jahrestreffen im Hannoveraner Stadtteil Vahrenwald werden mehr als 230 Forschende erwartet.
Die Erwartungen an die wissenschaftliche Konferenz sind hoch. Hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz doch erst vor Kurzem Eckpunkte eines Programmes zur Ausarbeitung einer nationalen „Langfriststrategie Negativemissionen zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen“ veröffentlicht und darin betont, dass die neue Strategie auf den Ergebnissen der beiden BMBF-Forschungsprogramme aufbauen werde.

CDRmare-Verbünde ziehen Bilanz der ersten Projektphase

Die sechs CDRmare-Verbünde werden in Hannover die Kernergebnisse ihrer fast dreijährigen ersten Projektphase vorstellen. Von besonderem Interesse werden dabei Untersuchungen zur Speicherung von Kohlendioxid in tiefliegenden Sandsteinformationen unter der deutschen Nordsee sein, welche im Verbundprojekt GEOSTOR durchgeführt wurden.

Fortschritte können auch die anderen fünf CDRmare-Verbundprojekte vermelden. Im Verbundprojekt zur Speicherung von CO2 in ozeanischer Basaltkruste (AIMS3) haben die Forschenden Probebohrungen an einer jungen, erkalteten Flanke des Mittelatlantischen Rückens vorgenommen und Messinstrumente in den Bohrlöchern installiert, mit denen sich die Wasser- und Stoffflüsse in der oberen Ozeankruste beobachten lassen.

In sea4soCiety, dem Verbundprojekt zur Ausweitung vegetationsreicher Küstenökosysteme, haben die Wissenschaftler:innen in Deutschland, Malaysia und Kolumbien, lokale Tangwälder, Mangroven oder Seegras- und Salzwiesen intensiv vermessen und beprobt, um genauere Aussagen über deren CO2-Aufnahme und -Speicherung machen zu können. Außerdem erforschten Sozialwissenschaftler:innen, welche Rolle und Bedeutung die lokale Küstenbevölkerung den jeweiligen Naturräumen beimisst und wie die Menschen vor Ort über eine mögliche Ausweitung der Ökosysteme denken.

Ein weiterer Höhepunkt dürfte die Vorstellung der Ergebnisse aus den großen Mesokosmen-Experimenten werden. Diese wurden zum einen durchgeführt, um die Effektivität des künstlichen Auftriebs (Test-ArtUp) zu testen; zum anderen, um die Folgen einer möglichen Alkalinitätserhöhung des Ozeans (RETAKE) für die lokale Planktongemeinschaft zu untersuchen. Beide Experimentreihen haben in den zurückliegenden Monaten die Aufmerksamkeit vieler Menschen geweckt. Jetzt stellt sich die Frage, zu welchen Ergebnissen die beteiligten Forschenden gekommen sind und welche Handlungsempfehlungen sich daraus im Einzelnen ableiten lassen.

Das Ziel des CDRmare-Verbundes ASMASYS ist es nämlich, einen Bewertungsleitfaden für marine CDR-Methoden und -Projekte zu entwickeln, der die Ergebnisse der anderen fünf Verbünde berücksichtigt und zusammenführt. Einen ersten Entwurf dieses neuen Bewertungsleitfadens haben die beteiligten Wissenschaftler:innen bereits auf seine Eignung hin getestet – mithilfe fiktiver CDR-Projekte und in enger Zusammenarbeit mit Vertreter:innen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Welche Rückmeldungen die Stakeholder in den verschiedenen Workshops gegeben haben, wird das ASMASYS-Team in Hannover vorstellen.

Die gemeinsame Jahrestagung der Forschungsprogramme CDRmare und CDRterra beginnt am Dienstagabend mit einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung. An den zwei Folgetagen werden die zwei Forschungsmissionen dann zunächst getrennt voneinander tagen, bevor die Wissenschaftler:innen am Donnerstag und Freitag dann zusammenkommen, um gemeinsam an übergreifenden Fragestellungen zu arbeiten.
Die Jahrestagung ist eine geschlossene Veranstaltung. Bilder und Impressionen werden wir auf X (ehemals Twitter) und LinkedIn teilen.